
Zurück in Kenia. Niemand weiß, dass ich hier bin. Alle Kinder halten Mittagsschlaf - bis auf Anna. Die Elfjährige öffnet nichtsahnend das Tor zum Waisenhaus, erblickt mich - erstarrt, wirft die
Arme nach oben und schreit: “Naaaaaaadiiiiiiiine”. An der Tür erscheint Heimleiterin Josephine und stimmt in den Jubel mit ein. Und plötzlich stürmen alle Kinder aus dem Haus und stürzen mir in
die Arme. Das wars dann mit “Lala salama” - an Mittagsschlaf ist nun nicht mehr zu denken. Der Überraschungsbesuch ist geglückt.

Heute haben die Jüngeren schulfrei, weil die höheren Klassen Examen schreiben. Der perfekte Tag, um Wiedersehen zu feiern. Alle freuen sich riesig über die Klamotten, die liebe Freunde aus Bracht
und Elnhausen gesponsert haben. Alle Kinder sind fit und wohlgenährt, diesmal bleibt uns wohl glücklicherweise ein Trip ins Krankenhaus erspart.


Und dann gleich die erste Überraschung: Um die Ecke kommt ein ziemlich wohlgenährtes Mädchen getippelt: Es ist Lea. Ich traue meinen Augen nicht. Die Zweijährige, die vor einem Jahr von der Polizei halb verhungert sowie schwer misshandelt aufgefunden und in die Obhut des MiRO-Heimes gebracht wurde, fegt lachend um die Ecke. Die Medikamente gegen ihre chronische Lungenentzündung zeigen endlich Wirkung. Ja, Lea ist sogar ein bisschen pummelig.

Stolz präsentieren die Kinder ihre neuen Mitbewohner: Zwei Hühner und ihre sieben kleinen Nachkommen. “Aber in den Garten können die heute nicht”, erklärt Joshua und macht ein vielsagendes Gesicht. “Warum nicht“, frage ich, weil ich weiß, dass dort ja schließlich auch das kleine Hühnerhäuschen steht. “Dort lauert Brukenge”, ruft Isaac.

Brukenge? Was soll das denn sein? Die Kinder lachen, nehmen mich an der Hand und schleichen mit mir auf Zehenspitzen kichernd hinters Haus. Dort sieht alles ganz normal aus. Die Schaukel steht noch, die Palmen tragen Früchte, ein zweiter Wassertank gesponsert von Travellers Worldwide glänzt in der Sonne. Ich mache ein fragendes Gesicht, als mir Bob einen Stuhl an die Mauer stellt und mir bedeutet draufzusteigen und über die gut zwei Meter hohe Mauer zu schauen.

Ich folge den grinsend vorgetragenen Anweisungen, recke meinen Hals und erblicke im hinter der Mauer liegenden Dickicht… erst einmal gar nichts. Doch plötzlich bewegt sich etwas. Das ist es also, das ominöse Killerbiest, das es auf die kleinen Hühnchen abgesehen hat, denke ich ein wenig skeptisch so bei mir. Das mysteriöse Brukenge ist eine etwas groß geratene Echse, die bei dem Anblick einer selbst ziemlich groß geratenen Deutschen schnell Reißaus nimmt. Gemeinsam beschließen wir, die Hühnchen zu beschützen. Wir werden die nächsten Tage wohl mal auf Brukenge-Jagd gehen!