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Todesangst

Update aus Kenia: Heute kein Kinderlachen, sondern Todesangst. Wir sind angegriffen worden. Zusammen mit unserem Koch Felix und den drei ältesten Jungs sind wir mit zwei Bodabodas, zwei Motorrad-Taxis zu unserem Land gefahren, das wir im Begriff sind zu kaufen. Plötzlich kamen aus den Büschen Männer mit Stöcken, die uns anschrien und unseren Koch attackierten.
Die Jungs sind mit den fliehenden Motorradtaxis abgehauen. Ungefähr sechs, sieben Männer schlugen auf Felix ein und traten ihn. Mich haben sie nicht angerührt. Deshalb habe ich versucht, den stark am Kopf blutenden Felix so gut es ging, abzuschirmen und wegzuzerren. Wir sind dann um unser Leben gerannt und konnten schließlich entkommen. Felix hat zwei Platzwunden am Kopf erlitten und Prellungen. Er wurde im Krankenhaus versorgt und hat glücklicherweise keine schwereren Verletzungen davongetragen. Der Schock sitzt allerdings bei uns allen tief. Jetzt weiß auch ich, was posttraumatischer Stress ist.

Hintergrund: Seit zwei Jahren versuchen wir auf legalem Weg ein Grundstück zu erwerben, das wir ganz in der Nähe gefunden haben, nachdem wir praktisch in ganz Kenia gesucht haben.

Die Squatters haben an anderer Stelle in Utange eine Straße mit Steinen blockiert und Büsche angezündet.

Doch seit einiger Zeit hatten sogenannte Squatters das Land besetzt. Laut unserem Anwalt eine gängige Masche vor allem an der Küste. Hier herrscht ein regelrechter Krieg um Land. ‘Sobald Kaufinteressenten Land besichtigen, besetzen Kriminelle die Grundstücke und behaupten, sie gehören ihnen, obwohl dem nicht so ist “, erklärt er. Ursachen dafür sind zum Teil ethnische Rivalitäten.
Vor einigen Tagen hat die Immobilienfirma mit Hilfe der Polizei, die Squatters vertrieben und gemeint, man könne nun anfangen eine Mauer zu bauen. Sie forderten das Geld für das Grundstück. Deshalb sind wir hingefahren, um zu dokumentieren, ob die Squatters unsere Grenzsteine herausgerissen haben. Denn wir haben das Land nur angezahlt. Dass dann so etwas passiert, damit hätte wirklich keiner gerechnet.
Es hat uns zwei Jahre gekostet, um das Land offiziell auf den deutschen Verein im Grundbuch eintragen zu lassen. Das Mietshaus, in dem wir leben, ist einfach zu klein und teuer. Immer wieder sind wir der Willkür unseres Vermieters ausgeliefert. Und nun wollen auch noch Landbesetzer das Land, das für ihre auf den Müll geworfenen, ausgesetzten, verwaisten Kinder bestimmt ist, mit Gewalt in ihren Besitz bringen. Das ist einfach unfassbar. Unfassbar für uns alle.

Dass Kenia ein gefährliches Land ist, war mir ja bewusst. Erst letzte Woche ist eine Mitarbeiterin einer italienischen Hilfsorganisation ganz in der Nähe gekidnappt worden. Die Gangster stürmten die Einrichtung mit Maschinenpistolen und schossen um sich. Mehrere Menschen wurden verletzt. So etwas liest man. Wenn man die Gewalt dann aber hautnah miterlebt, dann hat das eine ganz neue Qualität.

Da frag ich mich zum ersten Mal, warum ich mir das alles antue. Und dann kommt so ein kleiner Knirps drei Tage nach dem Überfall zu mir und fragt mich, wann ich denn wieder “geheilt” sei. Er mag nicht mehr so traurig sehen. Er nimmt mich bei der Hand und lacht. Also zusammenreißen und weiter machen. Für eben solch ein Kinderlachen.

Denn ohne unsere Unterstützung hätten diese Kinder leider überhaupt keine Zukunft. Auch wenn die Sache mit dem Land Scheiße ist, müssen wir uns vor Augen halten, was wir alles geschafft haben. Letzte Woche auf unserem neunten Geburtstag haben wir mal hochgerechnet, wie vielen Kindern wir schon helfen konnten. Es waren mehr als 120: Babies, die nach der Geburt zum Sterben auf den Müll geworfen wurden. Kinder, deren Eltern gestorben sind, die sich jahrelang im Slum durchschlagen mussten. Sie alle haben nun ein Zuhause, sind gut versorgt. Erhalten eine gute Schulbildung. Dafür lohnt es sich weiterzukämpfen.